Ausstellung "Das Bauhaus, ein Mythos in Büchern"
Inhalt
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Über die Ausstellung
Das Bauhaus, ein Mythos in Büchern
Vor 100 Jahren, im April 1919, öffnete das neugegründete Staatliche Bauhaus in Weimar seine Türen. Eine kleine Schar von Studierenden folgte damals dem Aufruf des Architekten und ersten Bauhausdirektors Walter Gropius, der in seinem Gründungs-Manifest voller Pathos die neue Schule zu einem kollektiven Erlösungsversprechen erhoben hatte. Er beschwor die großen gotischen Kathedralen und ihre Bauhütten als leuchtende Vorbilder: sie zeigten,wie durch die gemeinsame Arbeit von Künstlern und Handwerkern an einem transzendenten Bauwerk nicht nur eine besser gestaltete Welt, sondern auch eine neue Gesellschaft hervorgebracht werden konnte. Hierfür galt es, die Grenzziehungen zwischen den Berufsfeldern der Kunst und des Handwerks aufzulösen. Nicht als eine Kunstakademie oder Kunstgewerbeschule im traditionellen Sinne sollte das Bauhaus betrieben werden, sondern primär als Zusammenschluss von Werkstätten für die gemeinschaftliche Produktion.
Gemeinschaftliche Werkstätten
Mit seinem Werkstatt-Ideal stand das Bauhaus in der reformpädagogischen Tradition der aktiven Schule, wie sie etwa in den Ansätzen der Pestalozzi- oder Montessori-Schulen verfolgt wurden. Die Abwendung von der Vermittlung abstrakten Wissens hin zum praktischen ‚learning by doing‘ und zur Selbsthilfe des Lernenden ging im deutschsprachigen Raum zudem mit lebensreformerischen Ansätzen einher. Die am Bauhaus betriebenen Verklärung der Gotik verweist darüber hinaus auf die Traditionen der englischen Arts & Crafts Bewegung, insbesondere auf die Gedanken des John Ruskin. Dieser hatte das Wesen der Gotik in den Werksgemeinschaften der Zünfte ausgemacht, die noch die Erziehung ganzheitlicher Menschen angestrebt hätten, im Kontrast zu dem durch arbeitsteilige Produktionsprozesse entfremdeten Industriearbeiter. Auch am Bauhaus hoffte man, durch das gemeinsame Werk von Meistern, Gesellen und Lehrlingen einer industriellen Entfremdung der Arbeit erfolgreich entgegentreten zu können. Man zielte auf eine befreite Gemeinschaft von Werktätigen und schrieb dabei die Ausrichtung von Feiern als festen Bestandteil des Lebens am Bauhaus vor.
Bauhaus-Bücher
Entgegen der weit verbreiteten Meinung, es habe ein in sich schlüssiges und einheitliches Bauhaus gegeben, oder gar ein „Bauhaus-Stil“, war die Schule von Beginn an eine Institution, an der unterschiedlichste künstlerische und ideologische Positionen aufeinandertrafen. Die Standpunkte der Dozenten, die zu den Protagonisten der mitteleuropäischen Avantgarde der Zwischenkriegszeit zählten, wurden über die Publikationen des Bauhauses international bekannt. Diesen Katalogen, Zeitschriften und Buchreihen des Bauhauses, die maßgeblich die Vorstellungen moderner Gestaltung geprägt haben, ist diese kleine Ausstellung aus den Beständen des KIT gewidmet. Sie gibt exemplarisch Auskunft über die vielfältigen Quellen der künstlerischen Interessen am Bauhaus sowie über die entsprechende internationale Vernetzung der Schule. Vor allem aber informieren uns diese Publikationen über die am Bauhaus entwickelten Auffassungen bezüglich eines neuen Graphikdesign in den Druckmedien. So schlug etwa das neuartige Verhältnis von Typographie und Bild Brücken zur gegenstandslosen Malerei und zur konstruktiven Kunst, die selbst Thema der Publikationen gewesen sind.
Mythos Bauhaus
Die Ausstellung zeigt abschließend eine Auswahl von Büchern, die als Meilensteine der Bauhausrezeption gelten. In chronologischer Abfolge betrachtet, beschreiben sie die Entwicklung einer zunehmend kritischen Bewertung der Schule in ihrem historischen Kontext. Zunächst aber markierten die Schließung des Berliner Bauhauses durch die Nationalsozialisten im Jahr 1933 und die anschließende Emigratio n vieler Bauhäusler den Auftakt für die Konstruktion eines Bauhaus-Mythos. Seine internationale Rezeption kann als eine Abfolge von Versuchen der Aneignung des symbolischen Kapitals zu den unterschiedlichsten kulturellen, politischen oder kommerziellen Zwecken gelesen werden. Dazu trugen etliche Bauhäusler aktiv bei, so auch Gropius im US-amerikanischen Exil: seine einseitigen und politisch interessierten Auslegungen des Bauhaus-Erbes legitimierten ihn in der neuen Rolle als Professor in Harvard. Nach dem Zweiten Weltkrieg erhob er die Bauhaus-Moderne zum kulturellen Ausdruck der liberalen Demokratien und der kapitalistischen Produktionsprozesse. Zahlreiche Publikationen sollten dieses Bild durch differenziertere Betrachtungen ergänzten. Anfang der 1990er Jahre folgte etwa die längst fällige Aufarbeitung der Verstrickungen von Bauhäuslern mit dem nationalsozialistischen Regime. Ein Jahrhundert nach seiner Gründung sind heute die Komplexität und die Widersprüche des Bauhauses offenkundig. Sie bilden die unverzichtbare Voraussetzung für jede zeitgenössische Befragung nach einer möglichen Aktualität des Bauhauses.
Prof. Dr. Joaquín Medina Warmburg
Besuch der Ausstellung
Die Ausstellung steht der interessierten Öffentlichkeit kostenlos während der Servicezeiten (Montag-Freitag 9-19 Uhr, Samstag 9-12.30 Uhr) offen; Personen mit einem gültigen Bibliotheksausweis können die Ausstellung rund um die Uhr besichtigen.