Forschungsdaten mit Geschichte

Gebäude KIT-Bibliothek Campus NordAmadeus Bramsiepe, KIT

Aus der „Literaturabteilung“ der damaligen Kernreaktor Bau- und Betriebsgesellschaft ist 2011 unter anderem die Abteilung Forschungsdienste der KIT-Bibliothek hervorgegangen. An historischer Stätte bietet sie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ein Forschungsdatenmanagement auf der Höhe der Zeit.

Die Anfänge waren bescheiden; einmal die Woche kam der Bibliotheksleiter auf seinem DKW-Motorroller von Heidelberg ins Künstlerhaus in der Karlsruher Karlstraße gefahren. 1959 zog dann die tiefstaplerisch meist „Bücherei“ genannte Abteilung auf das noch in Erschließung befindliche Gelände der Reaktorstation Karlsruhe um. Im fünf Jahre später bezogenen Gebäude 303 des damaligen Kernforschungszentrums arbeiten die Enkel und Urenkel der Gründergeneration noch heute am KIT.

Zum großen KIT-Jubiläum passt der 2026 anstehende siebzigste Geburtstag der KIT-Bibliothek am Campus Nord wie die kleine Matroschka-Puppe zur großen. Am Beispiel der Initiativen und Dienstleistungen im Bereich des Forschungsdatenmanagements (FDM) wird erkennbar, wie der Anspruch auf Qualität sowie ein gewisser Pioniergeist auch im Wechsel der Zeitläufte wirksam geblieben sind.
 

Aufbruch in die Digitalisierung

Nach der Fusion zum KIT im Jahr 2009 wurde für beide Bibliotheksstandorte eine campusübergreifende Struktur angelegt. Mission der Abteilung Forschungsdienste am Standort Nord war es, das Themenfeld Forschungsdaten voranzutreiben – damals durchaus einmalig in der Landschaft der deutschen Hochschulbibliotheken.

„Von anfänglich sechs haben sich die Forschungsdienste zu einer Abteilung mit fünfzehn Mitarbeitenden entwickelt – mit langjähriger Bibliothekserfahrung. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bringen fachliche Hintergründe von der Informatik bis zu den Sozialwissenschaften mit“, erläutert Abteilungsleiterin Claudia Kramer. „Diese breite Kenntnis wissenschaftlicher Prozesse ist wichtig, denn die Bearbeitung, Aufbereitung, Speicherung, Bereitstellung und Nachnutzbarkeit von Forschungsdaten fällt je nach Disziplin sehr unterschiedlich aus.“
 

Claudia Kramer
Claudia Kramer, Leiterin der Abteilung Forschungsdienste

Plattformen mit Leuchtturm-Appeal

Ende 2011 bereits beteiligte sich die Abteilung Forschungsdienste im Projekt re3data am Aufbau eines webbasierten Nachweis- und Recherchesystems für Forschungsdatenrepositorien. Mittlerweile ist re3data ein international bekannter und genutzter Dienst. Gemeinschaftlich wird er betrieben von den Abteilungen Forschungsdienste und IT-Dienste der KIT-Bibliothek sowie der Universität Purdue, mit Partnern wie dem internationalen FDM-Konsortium DataCite.

Maßgeblich beteiligt waren die Forschungsdienste auch am Zustandekommen der Plattform forschungsdaten.info. Seit 2016 erhalten Forschende hier gebündelt Auskunft zu den komplexen Anforderungen eines effizienten und den Standards der Mittelgeber gerecht werdenden FDM. Nach mehreren Folgeprojekten ist die Seite heute die zentrale FDM-Infoplattform im deutschsprachigen Raum.
 

Services für KIT-Angehörige

Der Aufbau und die Etablierung zukunftsweisender FDM-Infrastrukturen kommt auch den Forschenden vor Ort zugute. Zugleich steht die Abteilung Forschungsdienste den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des KIT dort, wo es um konkrete Fragen des FDM geht, auch individuell zur Seite. Seit 2016 ist die Abteilung dabei Teil des Serviceteams RDM@KIT, zu dem auch das SCC, die DE Forschungsförderung, das Zentrum für Angewandte Rechtswissenschaft, die DE Innovations- und Relationsmanagement sowie das KIT-Archiv gehören.
 

Nicole Jung privat
Nicole Jung vom Institut für Biologische und Chemische Systeme - Funktionelle molekulare Systeme (IBCS-FMS)

„Bedarfe vom Molekül bis zum Material"

Nicole Jung vom Institut für Biologische und Chemische Systeme zum FDM-Projekt MoMaF

„Im Projekt MoMaF haben die Institute IBCS-FMS und IAM, das SCC, die KIT-Bibliothek sowie die Hochschule Karlsruhe eine Digitalisierungsstrategie für Daten der molekularen Materialwissenschaften entwickelt – von der Erzeugung über die Auswertung bis zur Wiederverwendung. Das war durchaus herausfordernd, da Größenskalen von kleinen Molekülen bis Materialien berücksichtigt werden mussten. Die Abteilung Forschungsdienste hat das Projekt koordiniert und die Kommunikation der Ergebnisse an die Community organisiert. Darüber hinaus war die KIT-Bibliothek maßgeblich an der Zertifizierung des Chemotion-Repositoriums beteiligt.“
 

Hannah Zimmermann IfSS, KIT
Hannah Zimmermann vom Institut für Sport und Sportwissenschaft (IfSS)

„Motorik-Daten im Griff“

Hannah Zimmermann vom Institut für Sport und Sportwissenschaft zum FDM-Projekt MO|RE data

„Im DFG-geförderten Projekt MO|REdata haben wir den Relaunch eines Repositoriums für Forschungsdaten zur sportwissenschaftlichen Motorik betrieben. Dank der Zusammenarbeit mit der Abteilung Forschungsdienste konnte MO|RE data 2023 erfolgreich neu gestartet werden. Die Mitarbeitenden der Forschungsdienste unterstützten uns insbesondere im Hinblick auf das Metadatenschema, die Datenharmonisierung sowie die Einbettung in RADAR4KIT. Das ermöglicht nun das Archivieren, Publizieren und Nachnutzen sportmotorischer Forschungsdaten.“
 

Von Justus Hartlieb, 29. Januar 2025